Über Köder-Gemälde
Diese Webseite zeigt Gemälde von Béla Horvát-Morvai, die in dem Zeitraum zwischen 2010 und 2018 geschaffen wurden. Diese Gemälde sind in einer Dauerausstellung in der Firma Cellular Technology Limited (Shaker Heights, Cleveland, Ohio) ausgestellt und dienen für unsere Mitarbeiter als Köder für Augen und Seele.
Gemälde als Köder für das menschliche Auge und die Seele? Hier ist wohl eine Erklärung angebracht. Der Künstler hat eine tiefe Verbindung zur Natur und dem Natürlichen. Ebenso ist er ein leidenschaftlicher Angler. Seit seiner Kindheit fasziniert ihn die Fischhaut. Er angelt überwiegend in Seen. Wie der See selbst, der bei der kleinsten Lichtveränderung anders aussieht, so verwandelt sich das Aussehen der Fischhaut mit jedem Blickwinkel. Jede neue Perspektive ist einzigartig, jede so wunderschön wie die andere, obwohl sie alle Ausprägungen desselben sind. Dann ist da noch die trügerische Eigenschaft des Glitzernden. Das Glitzern der Fischhaut zieht unwiderstehlich Auge und Verlangen des Fischjägers an. Das gleiche wird aber auch alleinig durch die Illusion eines glitzernden Köders hervorgerufen.
Des Weiteren wird unser menschliches Auge durch alles Funkelnde angezogen und dadurch auch leicht dabei getäuscht. Ist Schönheit oberflächlich? Inwiefern kann Glanz einem Körper die vollendete Verfeinerung geben, wie die Haut dem Fisch? Wie kann der Glanz zusammen mit dem Farbton unserer Haut oder mit Schminke unsere Wahrnehmung so sehr bestimmen? Andererseits kann Glanz, wie die Reflektion von Licht auf Wasser, Glas oder einem Edelstein, das Wesentliche eines Körpers oder die eigentliche Erscheinungsform des Körpers eines Engels oder Geistes darstellen. Das Wichtigste ist allerdings die Frage, inwiefern Glanz in der Welt der abstrakten Malerei ein Element in sich selbst sein und gleichzeitig mit dem Farbenuniversum zusammenspielen kann. Für den Künstler entsteht die Frage ob und wie sich diese Eigenschaften des Glanzes in Gemälde umwandeln lassen.
Béla Horvát-Morvais schlug seinen Weg des Ködermalens beginnend im Jahre 2000 mit dem Malen von eigentlichen Ködern ein. Die anfänglichen Köder-Gemälde gaben das Aussehen und die Eigenschaften von Fischen so perfekt wieder, dass sogar das aufmerksame menschliche Auge verunsichert wird.
Nachdem der Künstler gelernt hatte, die Magie von Fischhaut wiederzugeben und sie in hypnotisierenden Miniaturgemälden zum Leben zu erwecken, fing er an diese Technik in abstrakte Gemälde im Köderformat umzusetzen. Diese waren als Anhänger für Halsketten vorgesehen: Köder, die nicht nur gleichzeitig die Augen von Männern und Frauen in den Bann ziehen, sondern auch ihre jeweilige Phantasie beflügeln. Bis zum Jahre 2009 hatte Béla Horvát-Morvai eintausendachthundert Miniatur Köder-Halsketten geschaffen. Zwei dieser Köder-Gemälde sind unten abgebildet und weitere sind auf der oben genannten Webseite zu sehen.
Die Herausforderung, der Béla Horvát-Morvai gegenüberstand, bestand darin, Gemälde zu schaffen, die auf die richtige Art und Weise eine Täuschung hervorbringen. Es ist nicht die Absicht des Künstlers, den Betrachter durch die Bereitwilligkeit des menschlichen Auges sich von Glitzer anziehen zu lassen, also vom Wesentlichen abzulenken, sondern eher das Auge des Betrachters oder der Betrachterin zu veranlassen einen näheren, sogar intensiveren Blick zu wagen und auf Entdeckungsreise zu gehen. Durch aufmerksames Betrachten, können wir in diesen Gemälden einen Schönheitsgrad nach dem anderen entdecken, fast so wie beim Erblicken einer Blume, die man erst mit bloßem Auge und dann unter einem Mikroskop bewundert, bevor wir dann das Auge schließen und den Zauber beider Blickpunkte verinnerlichen.
Dies führt uns zum Kernpunkt der Köder-Gemälde. Ein Kunstmaler schafft Gemälde durch Pinselstriche. Köder-Gemälde bestehen aus tausenden, oft zehntausenden von Pinselstrichen, die in mehreren Schichten aufgetragen sind. Die meisten Köder-Gemälde bestehen aus dutzenden semitransparenter Pinselstriche, die übereinander geschichtet sind, um die endgültige Wirkung zu erzielen. (Als ich mit meinem kleinen Sohn kürzlich den Zoo besuchte lernte ich, dass ein Chamäleon für seinen kunstfertigen Farbenwechsel sieben Pigmentschichten verwendet). Béla Horvát-Morvai tätigt jeden Strich mit äußerster Kunstfertigkeit und Disziplin. Dem aufmerksamen Auge erscheinen sie wie Kalligrafie und tatsächlich sind sie das auch! Im Orient ist Kalligrafie, deren Bewältigung jahrzehntelange Übung fordert, die höchste Form von Selbstentfaltung. Nur wenige sind dazu fähig diese Kunst auf ein Niveau der „Stärkeʺ zu bringen. Die legendären Samurai verbrachten jeden Tag stundenlang mit Kalligrafie, um ihren Geist zu schärfen und ihre Willenskraft zu stärken und zum Ausdruck zu bringen. Traditionell geht es in Kalligrafie um die geschickte und gewagte Anwendung von Pinselstrichen mit einer einzigen Farbe. In den Gemälden von Béla Horvát-Morvai bringen die kalligrafischen Striche zusätzliche Dimensionen zum Ausdruck, indem endlose Farbschattierungen, mehrere Farbschichten und Strichrhythmen vorgestellt werden. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf das minuziöse und meisterhafte Detail der Stricharbeit in diesen Gemälden lenken.
Köder-Gemälde sind abstrakt. Durch komplexe Farben und einen kunstvoll ausgeführten Rhythmus der Stricharbeit wird der Betrachter eingeladen „in die Gemälde zu steigenʺ und dadurch in sich selbst hineinzugehen. Gewissermaßen, wie das Hören guter Musik uns erlaubt, in unser Unterbewusstsein einzudringen, verhelfen uns die Gemälde Zugang zu diesem vernachlässigten und doch zentralen Bereich unseres Daseins. Während diese Reise von den Gemälden ermöglicht wird, müssen Sie diesen Weg allerdings selber gehen.
In vielen der Gemälde werden Sie menschenähnliche Figuren erblicken. Sie sind da, um zu helfen den Dialog mit Ihrem unbewußten Selbst auszulösen. Als Menschen brauchen wir mitfühlende menschliche Wegbegleiter, mit denen wir einen Dialog führen und für die wir empfinden und unsere Gefühle austauschen können. Die menschenähnlichen Figuren in den Gemälden verkörpern solche mitfühlenden Individuen, die Sie in diese abstrakte Gemäldewelt und somit in Ihr innerstes Selbst hineinlocken werden. Der Künstler nennt sie Wahrnehmer.